Helle Haut, helle Haare, helle Augen – ich bin gar nicht mehr gewöhnt so viele helle Leute zu sehen. Auch das Straßenleben in Santiago passt nicht zu meinen bisherigen Erlebnissen von Südamerika. Es scheint als wäre ich in Europa. OH NEIN, ich will nicht, ich will nicht, ich will nicht! Lass mich aufwachen, ich mag nicht zurück in Europa sein!

Meine Ankunft in Santiago de Chile war wie in einem Traum, nur eben nicht wie ein guter, eher ein Traum, von dem man aufwachen möchte. Immerhin war ich noch immer in Südamerika – oder nicht? Ich hab mir das laute, chaotische aber auch fröhliche Straßenleben zurückgewünscht.

Chile war eines der südamerikanischen Länder, die ich bei Reiseantripp auf meiner Wunschliste hatte. Die Landschaft soll hier so abwechslungsreich sein wie in fast keinem anderen Land. Im Norden die Wüste, in der Mitte die Seen und ganz im Süden die Eislandschaft. Ich habe leider nur knapp 3 Wochen um dieses seeehr langgezogene Land zu entdecken. Ich musste also etwas auslassen, wenn ich nicht durchs Land hetzen wollte. Schweren Herzens entschied ich mich also Patagonien (die tolle Berglandschaft mit Schnee und Eis) nicht zu bereisen. Warum?- ich reise nun eben mit einem Rucksack für ein Jahr, mein Kleidungsangebot ist beschränkt. Ich habe warme Kleidung mit, allerdings nicht die dicke Winterjacke und nicht die mega regenfeste Outdoorkleidung, die man für diesen Teil dabei haben sollte. Alles zu kaufen hieße eine menge menge Geld auszugeben und im nachhinein hätte ich keinen Platz das Ganze irgendwo zu verstauen….

 

Also ab in die Wüste

In der Wüste brauch ich ja immerhin keine Winterjacke. Denkt man halt mal….. Ich fahre ja auch immerhin in die trockenste Wüste der Welt nach San Pedro de Atacama. In Teilen der Atacamawüste hat es bereits seit Jahrzehnten nicht geregnet. In anderen Teilen regnet es etwa alle 7 Jahre. Temperaturen schwanken, am Tag hat es um die 30°C, in der Nacht dann auch Mal bis zu – 15°C. Mein Thermoleiberl hab ich in der Nacht sehrwohl getragen, Heizungen gibts da nämlich nicht. Manchmal wars dann aber auch nicht so kalt, man trinkt halt abends etwas mehr….

In Chile feierte ich viel und schlief wenig. Ich lernte so tolle Leute kennen, reiste anders als in Kolumbien – ich hatte weniger Kontakt zu Einheimischen, habe aber tolle Reisende kennengelernt.

Freundschaften entstehen beim Reisen ja viel schneller. Du teilst alles, du bist 24 Stunden beieinander. Das beginnt beim Frühstück, geht mit Ausflügen weiter und endet am Abend beim Trinken von gutem chilenischen Wein. Dann schläfst du auch noch im selben Hosteldorm. Es fühlt sich an wie auf Schulausflug, nur sind wir keine 15 mehr. Aber ansonsten ist es gleich: viele Erlebnisse, alle mit guter Stimmung und ständig am Lachen. Lebensfreude!

Die geführten Touren sind ziemlich kostspielig. Chile hat ja Preise wie in Europa, ziemlicher Schock für mich. Ein so angenehmes Leben wie in den letzten 2 Monaten konnte ich mir also nicht mehr machen. Wir beschlossen also die Wüstengegenden um Atacama per Fahrrad zu erkunden. Hört sich verrückter an als es ist. Oder vielleicht doch nicht….  Am ersten Tag waren wir 6 Stunden unterwegs, auf und ab, auf und ab, verfuhren uns etwas und begegneten keinem anderen Menschen, bloß einem Kuhschädel….. Die Hälfte der Zeit mussten wir das Rad schieben oder gar auf den Schultern irgendwelche Abgründe hinuntertragen.

Am nächsten Tag setzten wir uns mit schmerzenden Pobacken wieder aufs Rad, diesmal um uns im Salzsee treiben zu lassen. Und das war mega! Meine erste Erfahrung in einem Salzsee. Witzig!

 

Von San Pedro aus überquerte ich die Grenze nach Bolivien um die berühmte Uyuni-Tour mitzumachen. Eine 3 Tägige Jeeptour durch die Wüste, mit dem Ziel die Uyuni Salzwüste zu sehen, die größte Salzwüste der Erde. Dazu gibts dann aber noch einen extra Beitrag. Denn diese Tour war einfach nur atemberaubend, wahrhaftig!

 

Vulkanbesteigung und die verdiente Party

Ich setzte meine Reise fort, Richtung dem nächsten Highlight: der Besteigung des 2840 m hohen Vulkans Villarrica in Pucon.

Spaßig? Nein. Eher heftig. 1500 Höhenmeter legten wir in etwa 4,5 Stunden zurück, dann standen wir am Kraterrand des aktiven Vulkans, die Anstrengung des Aufstiegs vergessen.

 

Der Anstieg war so steil, wir mussten im zickzack hinaufmarschieren, mit Spikes an den Schuhen, mit Eispick in der Hand und dem Helm am Kopf. Wir waren 12 Leute in der Gruppe und mit 4 tollen Guides unterwegs, die da hinaufspazierten als wärs ein kleiner Hügel. Hinab gings dann mit ziemlichem Tempo per Schneeteller, was mega witzig war. Wir kamen uns vor wie in einem winterlichen Supermario-Spiel, so sind wir da über Muggel gesprungen und hinuntergezischt.

 

Am Abend feierten wir alle gebührend unseren Erfolg! Gefeiert haben wir hier aber sowieso generell ziemlich jeden Abend…. Und ich erzähl euch über das Tanzen! Das Tanzen in den Clubs in Südamerika ist ja für Europäerinnen aufgrund des engen Körperkontakts etwas anders. Das artet dann auch mal aus und man muss dann doch schon mal die Bremse ziehen. Trotzdem ist das Tanzen hier lustiger, denn das wesentlich Positive, die Männer hier können tanzen! So richtig! Die wirbeln dich da im ganzen Club herum.

Ohne Einheimische halte ich es nicht aus…..

Ich verspürte den Drang noch mehr von Chile sehen zu wollen, wenigstens ein bisschen in den Süden hinunterzureisen und vor allem noch Kontakt zu Einheimischen aufbauen. Also verließ ich schweren Herzens die tollen Menschen in Pucon und machte mich wieder solo auf den Weg. Von einem Argentinier, den ich beim Feiern kennengelernt habe, bekam ich die Nummer einer Chilenin, die mich für ein paar Nächte aufnehmen wollte. Also genau mein Ding! Ich setzte mich in den Bus und fuhr los. Die Geschwister Estefania und Viktor nahmen mich herzlich in ihr Haus auf. Wir verbrachten zwei entspannte Tage zusammen. Die zwei leben ziemlich einfach. Stellt euch ein Haus vor, dass in zwei Einheiten geteilt ist. Estefania und Viktor wohnen im einen Teil, im anderen Teil wohnt eine andere Familie. Die Einheiten sind mit einer Wand geteilt. Die Wand ist allerdings so eine Art Spanholzplattenwand und somit sehr hellhörig, ich hörte die Nachbarn reden, den Fernseher laufen, die Schritte auf den Stufen.

Und wieder bin ich dankbar für die Gastfreundschaft und auch für die Erfahrungen die ich machen durfte! Ich bin so glücklich darüber, solche Einblicke zu bekommen. So abgedroschen, aber so wahr – geh aus deiner Komfortzone raus! Jedem Reisenden geb ich das als Tipp! So erfährst du einfach viel viel mehr. Machst du immer nur das, wo du dich 100% wohl fühlst, bleiben deine Erfahrungen sowas von beschränkt. Ich suche den Kontakt zu den Einheimischen, möchte von ihnen lernen, aber das heißt nicht, dass ich mich ab der ersten Sekunde wohl fühle. Gerade in fremden Häusern nicht. Ich bin einen anderen Standard gewohnt, das ist klar. Aber ich bin mir wirklich nicht zu gut für den lokalen Standard, für das normale Leben der Bewohner. Immerhin besuche ich ihr Land und ich möchte ja nicht nur Schauplätze abarbeiten.

Nach dem Einblick in das Leben der Geschwister reiste ich auf die Insel Chiloe weiter. Dort war es ganz ruhig, weite grüne Wiesen, duftende Blüten und Sonnenschein. Es ist Frühling in Chile. Die Kirschen werden gerade rot… Und am Ende meiner Reise bin ich wieder am Festland und treffe eine französische Freundin, die ich in der Wüste kennengelernt habe. Wir verbringen wahnsinnig lustige Tage und machen uns ein mögliches Treffen in Asien aus. ..Aber bis dahin sinds ja noch ein paar Monate.

 

Chile als bestes Reiseland

Ich reise bereits morgen ab, verlasse den Kontinent. Mein Gehirn will das noch nicht aufnehmen. Ich möchte Südamerika nicht verlassen. Ich habe hier einen Kontinent gefunden wo es so viel zu entdecken gibt, wo ich so viel entdecken möchte!

Und ich hatte ja gerade noch Glück – Chile wurde kürzlich vom Lonely Planet als das beste Reiseland 2018 ausgezeichnet. Jetzt kommen also die Massen.

Im Laufe der Reise habe ich meine Sicht geändert. Ich bin mit sehr hohen Erwartungen nach Chile gereist. Landschaftlich hat Chile meine Erwartungen getroffen, kulturell nicht. Ich hoffe die Fotos zeigen euch ein bisschen, welche Unterschiede ich Landschaftlich gesehen hab. Ich wusste eigentlich im vorhinein, dass Chile das am weitest entwickeltste Land ist und habe über den großen Einfluss Europas gehört. Doch ich war nicht darauf gefasst, so sehr mit den Ähnlichkeiten zu Europa konfrontiert zu werden. Selbst die Süßspeisen in der Bäckerei heißen Kuchen!

Chile ist ein Land da kannst du locker 2 Monate verbringen und hast noch immer so viel ausgelassen. Es ist viel zu groß. Und meine Zeit ist eben beschränkt, ich reise bald weiter nach Tansania. Dort wartet wieder eine komplett neue Welt auf mich.

 

Bald kommt dann der Bericht von Bolivien! Da könnt ihr euch auf die Fotos freuen, die sind toll geworden!

Bis dahin

alles Liebe

Claudia